borussia-stadionNeulich bei Borussia: Kein gutes Spiel, das hart erkämpfte 2:0 gegen Ingolstadt war ein Bundesliga-Arbeitssieg im Vorfeld des hammerharten Champions-League-Schlagers gegen den FC Barcelona. Ich gehe seit 46 Jahren ins Stadion. Früher, auf dem legendären Bökelberg in Mönchengladbach, regelmäßig. Seit es den Borussia-Park gibt, zugegebener Maßen nicht mehr so häufig (was auch mit den gesalzenen Ticket-Preisen zusammen hängt). Mit zunehmender Kommerzialisierung hat sich auch das Publikum verändert. Zum treuen Fan hat sich eine starke Business-Gruppe gesellt, der es auch um das Knüpfen geschäftlicher Kontakte auf der VIP-Tribüne geht. Das ist legitim, gehört heute einfach dazu.

Das erinnert mich an mein erstes Borussia-Spiel, über das ich vor mehr als 20 Jahren als Reporter der Westdeutschen Zeitung schreiben durfte. Es ging freitags abends auf dem Bökelberg gegen den HSV. Borussia führte bis kurz vor Schluss 2:1. Zur 85. Minute verließ ich meinen Presseplatz hoch oben unter dem Tribünendach, um rechtzeitig in der Redaktion zu sein – um 22 Uhr war Andruck der Gladbacher Ausgabe. „Ruf an, wenn noch etwas passiert“, rief ich meinem Nachbarn zu. Damals spielten Handys und Apps noch keine Rolle. Kurz vor 22 Uhr hatte ich – mutterseelenallein in der Redaktion – meinen 80-Zeiler im Kasten. Das Telefon war stumm geblieben. Ich hörte mir sicherheitshalber im Radio (ich meine, es war Manni Breuckmann) noch mal die Spielzusammenfassung an. Wo plötzlich von einem 2:2 die Rede war – kurz vor dem Abpfiff hatte der HSV ausgeglichen. Wie im Rausch schrieb ich binnen 5 Minuten einen komplett neuen Bericht, so dass ich um Punkt 22 Uhr auf die Enter-Taste drücken konnte. Die Rotation im Druckzentrum Wuppertal war bereits angeworfen.

Alles gut. Die Leserinnen und Leser waren am nächsten Tag mit meiner Berichterstattung zufrieden. Und ich um eine Erfahrung reicher. Was zeigt: Auch vor der Digitalisierung haben die Journalisten – zumal im Sport-Ressort – unter Hochdruck schnell, flexibel und präzise arbeiten müssen. Dafür gibt es heute andere Fallstricke, über die Reporter stolpern können.

Autor